Die Verwandlung
Februar, 2021Drei Verwandlungen müsse der menschliche Geist bestehen, steht in Nietzsches Zarathustra: die Verwandlung in ein „Kamel“ – in einen „Löwen“ – und schließlich in ein „Kind“.
Das „Kamel“, der Dulder in uns, kniet nieder und will gut beladen werden mit fremden Lasten. Was immer das Kind von seinen Eltern und Ahnen einst blind auf sich genommen hatte, wie schwer auch immer, es glaubte an den Zauber der Liebe – glaubte, dass es durch die Macht des Opfers diese retten könne. Die Wüste wächst!
Und als das Kamel sich gerade seiner härtesten Last erfreute und die Drachenkraft in ihm erwachte, traf es auf den „Löwen“. Der Löwe brüllte sein “ich will!“ und sprang den Drachen an. Der Drache aber pfauchte sein „du sollst!“ aus seinem Feuermaul. Und auf jedem seiner goldenen Schuppen stand „du sollst – und aller Wert ist schon geschaffen!“. Und der Löwe brüllte „ICH WILL!“ und zerriss den Drachen. Und als er sich so seiner besten Kriegerkraft erfreute, verwandelte sich der Löwe unversehens in ein „Kind“!
Das Kind hatte sich aus der langen Lastenplage und der tobenden Kämpferwut selbstspielend gelöst. Das Alte galt nicht mehr. Ganz neu schlug es seine Augen auf, staunte und trank durch sie die Reinheit der Welt. Es versank im Zittergold einer Blume. Es sprang und hüpfte von Bein zu Bein und spürte den leisen Jubel bis in die Kniekehlen.
Der Tag schmolz unendlich süß in seine Seele. Es vergaß sich selbst und jegliche Zeit. Es wuchs – und merkte es kaum in die ewige Stille der Steine, mit denen es nun leise behutsam spielte. Und ohne es zu merken schwoll das Glück in die Einzigkeit eines ganz hellen Kindertages. Und tausend Möglichkeiten stiegen auf!